Franz Liszt in Rom: Ein Buchtipp
di:vatican news – gs
Franz Liszt verbrachte das letzte Drittel seines Lebens überwiegend in Italien: in Rom, im Vatikan und in Tivoli. Ein gerade erschienenes, opulentes Buch in Deutsch und Italienisch besucht die recht herausgehobenen Wohnstätten des Ausnahme-Künstlers des 19. Jahrhunderts, der seinerzeit im Vatikan sogar die niederen Weihen empfing.
„Franz Liszt war 1861 nach Rom gekommen und blieb mit der ewigen Stadt über 25 Jahre lang verbunden“, schickt Waldrudis Hoffmann voran; die Kunsthistorikerin wirkt seit langer Zeit als Stadtführerin in Rom und ist eine der Autorinnen des Bandes „Die Aufenthalte von Liszt in Rom, im Vatikan, in Tivoli.“
Den weltberühmten Komponisten und Klaviervirtuosen zog es nicht allein in die Ewige Stadt: Er kam mit seiner Lebensgefährtin Caroline zu Sayn Wittgenstein, das irreguläre Paar wollte in Rom heiraten. Doch die Hochzeit kam nie zustande.
„Nach den ersten beiden Jahren in Rom, in denen er ein relativ frenetisches Salonleben führte, geht er in das verlassene Kloster Madonna del Rosario“
„Nach den ersten beiden Jahren in Rom, in denen er ein relativ frenetisches Salonleben führte, geht er in das verlassene Kloster Madonna del Rosario, auf dem auf dem Monte Mario, was komplett isoliert lag und nur noch ein Mönch ist dort gewesen. Und dieses Kloster, diesen Ort der Stille, hat ihm sein Freund Pater Augustin Theiner, damals Präfekt des Vatikanischen Archivs, vermittelt, weil er verstanden hatte, dass Liszt ganz dringend nach diesen beiden ersten Jahren ein Bedürfnis nach Rückzug und innerer Neuorientierung brauchte. In diesem Kloster lebte Liszt zwei Jahre und hat zu einer Neuorientierung gefunden.“
Wohnstatt Vatikan
Vom quasi verlassenen, geradezu eremitischen Kloster auf dem Monte Mario mitten ins Herz der katholischen Welt: Die nächste Wohnstätte von Franz Liszt in Rom war im Vatikan, genauer im Apostolischen Palast, wo auch der Papst wohnte.
„Das hätte sich selbst Franz Liszt nicht träumen lassen“
„Das hätte sich selbst Franz Liszt nicht träumen lassen. Aber sein großzügiger Mäzen und Freund Monsignore Gustav von Hohenlohe, damals päpstlicher Almosenpfleger, hatte eine Wohnung im Vatikan. Während seiner Abwesenheit für etwas mehr als ein Jahr überließ er einige Räume seiner Wohnung im Vatikan seinem Freund Franz Liszt, und diese Wohnung lag nicht irgendwo, sondern sie lag neben ganz in der Nähe der Loggien von Raffael. Genau der Künstler, den Franz Liszt so sehr schätzte und sich von seinen von Raffaels frühen Bildern sehr inspirieren ließ für seine Kunst, für seine Musik.“
Immer mehr religiöse Kompositionen
Ein Zufall kann es schwerlich sein: Liszt begann in seiner römischen Zeit immer mehr religiöse Musik zu komponieren. „Er beschäftigte sich mit der heiligen Elisabeth von Thüringen, zu der er eine Musik schrieb. Und dann gibt es eines seiner berühmtesten Werke: das Oratorium Christus, zu dem er große Teile hier in Rom, komponiert hat.“
Park der Villa d’Este in Tivoli: Mehr als 500 Brunnen und Wasserspiele
Die dritte, wirklich herausragende Wohnstatt von Franz Liszt in Italien befindet sich im Latium: die weltberühmte Villa d’Este in Tivoli. Auch hier tritt sein bewährter Mäzen wieder auf den Plan: Gustav von Hohenlohe, inzwischen Kardinal seit 1866. „Und der hatte seit vielen Jahren von den Besitzern, das waren die Habsburger, die Villa mit den traumhaften Gärten frei zur Verfügung, die berühmte Villa d’Este in Tivoli, eine der größten und bedeutendsten Renaissancevillen in Italien. Kardinal Hohenlohe überließ seinem Freund Franz Liszt ein Appartement im obersten Stockwerk mit Blick auf die Gärten, eine Terrasse mit Blick nach Rom und bis zum Meer. Er wusste, dass Franz Liszt diese Naturnähe gut tat und diese Ruhe.“
Listz blickte bei der Arbeit auf einen wahrhaft einzigartigen Park, der nicht umsonst bis heute unzählige Gäste anzieht: Nicht weniger als 500 Brunnen und Wasserspiele erfreuen dort Auge, Ohr und Sinne. „Die vielen Wasserspiele haben Liszt in der Tat inspiriert zu zwei der berühmtesten Musikstücke, das sind die Wasserspiele der Villa d’Este und Unter den Zypressen.“
Die deutsch-römische Kunsthistorikerin Waldrudis Hoffmann
Der Mäzen, Kardinal Hohenlohe Schillingfürst, war eine kongeniale Figur zu Liszt: Da trafen sich, sagt Waldrudis Hoffmann, zwei Männer des 19. Jahrhunderts, die ein gemeinsames Interesse hatten und einander ergänzten. Beide kannten sich schon lange vor den römischen Jahren des Komponisten.
„Was die beiden eng miteinander verband, das war in erster Linie die Musik. Denn Hohenlohe war ein großer Musikfreund. Er spielte selbst Klavier, hatte immer ein Klavier, und er fühlte sich mit Liszt weiterhin in der Kultur verbunden und dann vor allem im katholischen Glauben. Und sie hatten oft Gelegenheit, wenn sie gemeinsam in Tivoli weilten, über diese Themen zu sprechen. Sie haben gemeinsam soziale Projekte gemacht, Benefizkonzerte, und Kardinal von Hohenlohe wird ein großes Vorbild für Franz Liszt in seiner karitativen Art, die er praktizierte.“Hier zum Hören:
Franz Liszt vollzog in Rom eine Hinwendung zum katholischen Glauben, auch dank seines Förderers, und empfing aus dessen Händen sogar die sogenannten niederen Weihen.
„Dazu hatte sich Liszt entschieden. Die erste der niederen Weihen empfing er von Hohenlohe im Appartement im Vatikan und die weiteren drei der niederen Weihen in der Villa d’Este, jeweils wieder von Kardinal von Hohenlohe in der dortigen Kapelle.“
„Er selbst wählte, die Soutane zu tragen und sich ab jetzt Abbé zu nennen“
Die niederen Weihen – abgeschafft im II. Vatikanischen Konzil – waren damals ein Laienamt. „Franz Liszt war weder Priester noch Diakon“, hält die Kunsthistorikerin fest. „Er selbst wählte, die Soutane zu tragen und sich ab jetzt Abbé zu nennen.“ Und warum diese Selbstverpflichtung? „Ich denke, Franz Liszt kannte sich selbst sehr gut, und er wollte sich in dieser Form mit der Soutane eine Grenze nach außen setzen. Und er wollte damit seinen Glauben zeigen.“
Franz Liszt war ein echter Superstar der europäischen Musikszene seines Jahrhunderts. Ein Komponist, fast mehr noch ein Performer, der bei Konzerten vor einem hingerissenen Publikum zur Höchstform auflief. „Dieser Hang zum Starkult, zur Selbstinszenierung als Klaviervirtuose, das hatte sein Vater ihm schon eingeimpft, denn er war mit dem 11-jährigen Kind damals durch Europa gereist. Damit natürlich zu Klavierkonzerten. Und der Vater wollte, dass Franz ein neuer Mozart werden sollte, und setzte den Jungen ziemlich unter Druck. Und so hatte er gelernt, von früh auf, wie man sich bekannt macht. Als Franz Liszt 1861 nach Rom kam, war er 50 Jahre alt, und da war das schon abgeklungen. Und hier wird er sehr viel ruhiger und wendet sich, wie gesagt, mehr der religiösen Musik zu, die er hier komponierte.“
„Le stanze di Liszt a Roma, in Vaticano, a Tivoli – Die Aufenthalte von Liszt in Rom, im Vatikan, in Tivoli “ von Waldrudis Hoffmann und Barbara Pfeffer, kuratiert von dem Musikwissenschaftler Gastón Fournier-Facio, ist im Verlag Timia erschienen.
Fonte: www.vaticannews.va (vatican news – gs)